Der Tod der Niobiden auf römischen Sarkophagen

Niobiden-Sarkophag, Glyptothek München Inv.-Nr. 345

Zu den frühesten mythologischen Darstellungen auf römischen Sarkophagen gehört die Tötung der Niobiden durch Apollo und Artemis.

Der Mythos erzählt von Niobe, der Frau von Amphion, des Königs von Theben. Sie hatte sieben Töchter und sieben Söhne und war auf ihre so zahlreiche Nachkommenschaft so stolz, dass sie es wagte, sich über Leto lustig zu machen. Diese, die Tochter der Titanen Koios und Phoibe, war eine der vielen Geliebten des Göttervaters Zeus und hatte nur zwei Kinder, die Zwillinge Apollo und Artemis. Niobe hinderte in ihrer Überheblichkeit sogar ihr Volk daran, Leto zu verehren. Doch dies sollte ihr teuer zu stehen kommen. Denn Apollo und Artemis rächten ihre Mutter. An nur einem Tag töteten sie alle Kinder der Niobe, die sogenannten Niobiden, mit Pfeil und Bogen. Zunächst fielen ihnen die Söhne zum Opfer, danach alle Töchter.

Die Darstellung der Tötung der Niobiden finden wir auf etwa zehn stadtrömischen Sarkophagen. Man kann 2 Typen unterscheiden.

Drei der erhaltenen Exemplare zeigen an den Enden der Langseite die schießenden Götter Apoll und Artemis. Zwischen ihnen sieht man die sterbenden Opfer mit ihren Ammen und Lehrern. Auf dem Deckel sind die toten Niobiden dargestellt. Ein Sarkophag im Vatikan von ca. 140/150 n. Chr. (Inv.-Nr.: 2635) ist möglicherweise der Urtyp dieser Reihe. Bei einem weiteren Beispiel in München (Inv.-Nr. 345, siehe Bild oben) sind einige Motive identisch wiedergegeben, andere wurden leicht verändert oder verschoben.

Zeitlich später einzuordnen sind sieben Exemplare, bei denen die Eltern der Niobiden an den Enden der Langseite stehen. Die Söhne sind nun beritten dargestellt und Apollo und Artemis sind jetzt an die Enden der Deckel versetzt, wie zwei erhaltene Deckel zeigen. Auch für diesen Typus finden wir ein Beispiel im Vatikan (Inv.-Nr.: 10437). Dieser Sarkophag entstand wohl in früh-antoninischer Zeit. Ein anderes Beispiel, das stilistisch in mittel-antoninische Zeit datiert werden kann, befindet sich in Venedig (Inv.-Nr. 24).

Welche Bedeutung haben diese Darstellungen aber im Zusammenhang der Sarkophage. Die Überheblichkeit der Niobe ist ja kaum ein Charakterzug, mit dem sich die Verstorbenen rühmen würden. Ein plausiblere Erklärung ist, dass es hier darum geht, das unvermittelte Schicksal des Todes zu verdeutlichen.

 

Mausoleum von Belevi, Türkei

In der Nähe Ephesus, beim Dorf Belevi, befinden sich die Reste eines antiken Grabbaus. Dieses sogenannte Mausoleum von Belevi besteht aus einem etwa 10 Meter hohen quadratischen Sockel (ca. 30 x 30 Meter), über dem sich wohl eine Anlage mit einer umlaufenden Säulenhalle befand. Der Bau besteht fast ausschließlich aus dem bläulichen Belevi-Marmor, der auch in Ephesus verwendet wurde.

Die Fassade des Sockels ist durch eine monumentale Scheintür gekennzeichnet. Im hinteren Bereich des Sockels befand sich eine Kammer für den Sarkophag. Es handelt sich um einen Klinen-Sarkophag, d.h. der Tote wurde darauf lagernde dargestellt. Es ist allerdings nicht klar, ob Deckel und Sarkophag-Kasten zusammengehören. Die Figur ist überlebensgroß, was auf den Status des Toten weisen könnte. Der Kopf ist allerdings nicht fertig gearbeitet. Man fand außerdem die Statue eines trauernden Dieners in orientalischer Bekleidung.

Die Rekonstruktion des Aufbaus ist problematisch, da sich nur wenig erhalten hat. Man hat jedoch Reste von Säulen und einen Fries mit der Darstellung einer Kentauromachie gefunden. Zum Figurenschmuck gehörten Funden außerdem ein Greif und ein Löwenkopf.

Wer aber ließ das Grab errichten? Die Funde (Ornamente, Keramik, Figurenschmuck) lassen auf einen Bau zwischen ca. 301 v. Chr. und 280 v. Chr. schließen. Als ursprünglicher Auftraggeber kommt eventuell Lysimachos in Frage, einer der Nachfolger Alexanders des Großen. Als dieser in der Schlacht starb, wurde der Bau wohl unterbrochen. Antiochus II. ließ die Arbeiten an dem Grabmal fortsetzen und nach seinem Tod fand er hier auch die letzte Ruhestätte. Nach der Einnahme von Ephesus durch die Ptolemäer (174 v. Chr.) wurden die Bauarbeiten endgültig eingestellt, sodass das Mausoleum unvollendet blieb.

Literaturauswahl:

  • Camillo Praschniker, Max Theuer u. a.: Das Mausoleum von Belevi. (= Forschungen in Ephesos). Österreichisches Archäologisches Institut, Wien 1979
  • Reinhard Heinz: Das Mausoleum von Belevi – Bauforschung (= Forschungen in Ephesos. Bd. 6/1). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2016
  • Peter Ruggendorfer: Das Mausoleum von Belevi – Archäologische Untersuchungen zu Chronologie, Ausstattung und Stiftung (= Forschungen in Ephesos. Bd. 6/2). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2016

Römische Sarkophage mit Darstellungen des Persephone-Mythos (Teil 2)

Zwei Sarkophage sollen als Beispiele für das auf römischen Friessarkophagen äußerst beliebte Thema des Raubs der Persephone durch Hades dienen:

Der sogenannte Proserpina-Sarkophag in Aachen entstand im 1. Viertel des 3. Jhs. n. Chr. in Rom. Er ist aus Carrara-Marmor gefertigt und 205 cm lang, 50 cm breit und 49 cm tief. Die Vorderseite zeigt im Zentrum Hades, der Persephone auf seinem Wagen entführt. Hilfe bekommt der Herrscher der Unterwelt von Athena, die hinter dem von vier Pferden gezogenen Wagen steht, dem Liebesgott Eros sowie dem Götterboten Hermes, der das Viergespann führt. Auf der linken Seite sieht man Demeter, die Hades in ihrem von Schlangen gezogenen Wagen verfolgt.

Auf der linken Schmalseite sieht man zwei junge Mädchen und einen Jungen beim Pflücken von Blumen, auf der rechten Schmalseiten dagegen einen Jungen, der Früchte trägt und zwei Schäfer.

Der Überlieferung nach wurde der Aachener Sarkophag 814 n. Chr. die die Bestattung Karls des Großen wiederverwendet. Aber spätestens seit dem Jahr 1215 war der Sarkophag leer und stand im unteren Oktogonumgang des Aachener Münsters. Napoleon I. ließ den Sarkophag Ende des 18. Jhs. nach Paris verschleppen, aber schon 1815 kehrte der Sarkophag Aachen zurück. Seit 1979 befindet er sich in der Domschatzkammer.

Auf einem Beispiel aus Wien (Antikensammlung, Inv. Nr. I 1126), vermutlich ebenfalls aus dem frühen 3. Jh., wird der Mythos in drei Szenen erzählt. Im Zentrum entführt Hades Persephone auf seinem Wagen. Dabei sträubt sich Persephone heftig. Wieder werden die Pferde von Hermes geführt und Athena steht neben dem Wagen. Der Moment, in dem Hades dem Mädchen auflauert, während es Blumen pflückt wird erst rechts der Entführungsszene dargestellt. Persephone blickt sich dabei zu Demeter um, die auf der rechten Seite mit Fackeln in den Händen auf ihrem Schlangenwagen steht.

Man geht davon aus, dass der Mythos auf Friessarkophagen als Hoffnung des Verstorbenen und seiner Familie auf ein Weiterleben im Jenseits zu verstehen ist. Auch kann der Raub als Symbol für einen plötzlichen Tod gesehen werden.

Römische Sarkophage mit Darstellungen des Persephone-Mythos (Teil 1)

Highlights vieler Museen für antike Kunst sind mit aufwendigen Friesen dekorierte Sarkophage der römischen Kaiserzeit. Oft sind dabei Szenen aus der Mythologie dargestellt.

Aus dem reichen Schatz der Mythen, die solche Friessarkophage schmücken, soll hier der Raub der Persephone ausgewählt werden. Der Mythos erzählt wie Persephone (römisch Proserpina), die Tochter der Göttin Demeter (römisch Ceres; zuständig für Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und die Jahreszeiten), von Hades, dem Gott der Unterwelt, entführt wird. Demeter sucht verzweifelt nach ihrer Tochter, kann sie aber lange nicht finden. In ihrer Trauer verbot sie den Pflanzen und Tieren, sich zu vermehren und die Menschen begannen zu verhungern. Daraufhin zwangen die anderen Götter Hades, Persephone wieder freizulassen. Unter der Bedingung, dass Persephone ein Drittel des Jahres bei ihm in der Unterwelt verbrachte, stimmte Hades zu. Demeter ließ Pflanzen und Tiere wieder gedeihen und sorgte erneut für Fruchtbarkeit.

Die Darstellungen auf den Sarkophagen bilden den Mythos in der Regel nicht in der richtigen zeitlichen Abfolge ab und im Laufe der Zeit veränderte sich die Darstellung.

Frühe Beispiele (ab Mitte 2. Jh. n. Chr.) zeigen Demeter auf einem von Schlangen gezogenen Wagen, die den Wagen von Hades und der geraubten Persephone verfolgt. Verschiedene Götter, wie Aphrodite oder Athena, können ebenfalls dargestellt werden. Persephone, und in einem Fall in Ostia auch Demeter, kann Portraitzüge tragen. Hier wird das Schicksal der Verstorbenen also offenbar mit dem der Persephone gleichgesetzt.

Zuerst steht also das Schicksal der Persephone im Vordergrund und der Raub wird theatralisch und dramatisch inszeniert. In einer zweiten Phase bekommt die Darstellung einen persönlichen Charakter und Tugenden rücken in den Vordergrund.

In einer dritten Phase werden kosmische Tendenzen eingefügt (der Meeresgott Oceanus und die Erdgöttin Tellus) und die Darstellung von Hades und Persephone auf dem Wagen verändert sich. Und aus der Raubszene, bei der Hades die sich heftig wehrende Persephone mit sich reißt und ihren ganzen Körper quer vor sich hält, folgt Persephone ihrem Entführer auf einigen Sarkophagen fast freiwillig. Hier wird die Verstorbene als Braut des Hades interpretiert und die Darstellung verspricht Glückseligkeit im Jenseits.

(Fortsetzung folgt …)

Santa Costanza, Rom

Eine der ältesten der Kirchen Roms ist Santa Costanza. Sie befindet sich bei der Kirche Sant’ Agnese fuori le mure. Zu dem Komplex gehören außerdem die Ruinen einer frühchristlichen Basilika sowie die unter diesen drei Gebäuden liegenden Katakombe.

Santa Costanza wurde unter Kaiser Konstantin als Mausoleum für seine Töchter Constantia (auch Constantina genannt) und Helena errichtet. Als Constantia später als Heilige verehrt wurde, baute man das Mausoleum zunächst zu einem Baptisterium um. 1254 weihte Papst Alexander IV. den Bau als Kirche Santa Costanza. Im Innenraum der Kirche befindet sich heute eine Kopie des Porphyr-Sarkophags für Constantia. Das Original befindet sich in den Vatikanischen Museen.

Die Säulenhalle, die den Rundbau ursprünglich umgab, und der vorgelagerte Narthex sind heute nicht mehr vorhanden. Erhalten hat sich bei dieser Kirche aber zumindest teilweise das ursprüngliche innere Ausstattungssystem, was Santa Costanza zu einem besonderen Schatz unter den unzähligen Kirchen Roms macht.

Innen besitzt die Außenmauer abwechselnd runde und eckige Nischen. Dabei sind die zentralen Nischen an den Seiten und gegenüber dem Eingang vergrößert, wodurch ein Kreuz angedeutet wird.

Der Innenraum der Kirche besteht aus einem überkuppelten Zentralraum, der durch einen Obergaden gegenüber dem den zentralen Raum umgebenden Säulengang erhöht ist. Die Innenwände dieses Obergadens waren bis zum Gewölbeansatz mit rotem und grünen Porphyr sowie gelbem Marmor verkleidet. Diese Marmorinkrustation hat sich leider ebenso wenig erhalten wie das ursprüngliche Kuppelmosaik.

Der umlaufende Säulengang hat ein Tonnengewölbe und öffnet sich zum Zentralraum mit Arkaden, die auf 12 Doppelsäulen aus grünem und roten Granit ruhen. Diese stammen fast ausschließlich aus anderen, älteren Gebäuden. Die Mosaiken des Tonnengewölbes sind in mehrere Bildfelder unterteilt. Neben geometrischen Figuren, Pflanzen und Tieren (zum Teil in Bildmedaillons) gibt es Darstellungen aus dem Bereich der Weinverarbeitung: eine Weinpresse, das Keltern, der Weintransport. Alle diese Motive können zwar christlich gedeutet werden, stammen aber aus dem allgemeinen Bildprogramm der Antike und haben keinen direkten christlichen Bezug.

Anders sieht es aus bei den Mosaiken in den zentralen Nischen der Seitenwände. Hier ist zum einen die Gesetzesübergabe an Petrus und Paulus durch Christus dargestellt und auf der anderen Seite die Schlüsselübergabe an Petrus.

Literaturhinweis:

  • Achim Arbeiter, Jürgen J. Rasch: Das Mausoleum der Constantina in Rom, Spätantike Zentralbauten in Rom und Latium Bd. 4 (2007)